Von introvertiert zu positioniert 9783949481093

Von introvertiert zu positioniert

Rezension: „Von introvertiert zu positioniert“

Das Businessjournal „Von introvertiert zu positioniert“ (in der Originalschreibweise komplett klein: „von introvertiert zu positioniert“) der Herausgeberin und Autorin Ricarda Colditz, die sich noch ein Dutzend Co-Autor*innen an Bord geholt hat, soll ein Erfolgsjournal mit jeder Menge Input sein: Es geht im Kern darum, wie sich introvertierte Personen, die es in der Welt des Business eigentlich nicht leicht haben, dennoch erfolgreich positionieren.

An wen richtet sich das Buch?

Es zeigt anhand der Berichte von zehn Expertinnen und zwei Experten, dass introvertierte Menschen sehr erfolgreich ihre Nische in unserer sehr lauten Welt finden können. Das gelingt in verschiedensten Fachgebieten, für welche die Autor*innen auch die passenden Tipps parat haben. Leserinnen und Leser lernen dabei die Mitwirkenden gut kennen und erfahren, wie diese zu ihren Themen gefunden haben. Erstaunlich, aber wahr: Sie entdeckten auf ihrer beruflichen und privaten Reise als Introvertierte ihre eigentlichen Superkräfte. Diese entfalten sich bei Angestellten ebenso wie bei Selbstständigen. So manch eine Person, die sich bislang noch als „Mauerblümchen“ fühlt, wird daraus jede Menge Inspiration beziehen.

Es gilt im Grunde, die eigenen, wahren Stärken zu identifizieren und dann punktgenau auf diese zu fokussieren – dann können auch Introvertierte mit ihren Stärken überzeugen, ohne sich dabei zu verbiegen. In diesem Sinne macht das Erfolgsjournal jede Menge Mut. Es ist gleichzeitig viel mehr als ein Fachbuch oder ein bloßer Ratgeber, weil es auch herunterladbare Arbeitsblätter enthält, die den Lesenden helfen, sich über sich selbst Klarheit zu verschaffen.

Wie reflektieren die Autor*innen über ihre Mitwirkung?

Einer der Autoren ist Mim Gaisser. Er äußert sich in seinem eigenen Blog ausführlich zu seiner Mitwirkung an dem Buch. Sie machte ihn stolz und glücklich schon in dem Moment im Oktober 2022, in welchen er den Verlagsvertrag unterschrieb. Dies empfand er als große Ehre, wenngleich er durch seine eigenen Publikationen vollends prädestiniert und qualifiziert als Autor für das anspruchsvolle Werk ist. Er schreibt selbst zu diesem Thema und sieht sich selbst als introvertierten Macher. Wie er persönliche Widerstände, die ihre Wurzeln in seiner eigenen Natur haben, letztendlich überwinden konnte, schildert er sehr offenherzig. Sein eigener Blog heißt (wiederum komplett klein geschrieben) „still & sensibel“, darin nimmt Introvertiertheit einen wichtigen Platz ein.

An „von introvertiert zu positioniert“ begeisterte ihn die Idee des Journaling, die viele Blogger ja tagtäglich in die Tat umsetzen: Sie teilen ihre persönlichen Gedanken, Erlebnisse und Gefühle dem Publikum mit. Dennoch mussten ihn – typisch für Introvertierte – sofort Zweifel überkommen, die er seinem „Impostor-Syndrom“ zuschreibt (Zweifel an den eigenen Fähigkeiten bis hin zum Wahn, ein Hochstapler zu sein): Würde er überhaupt als Experte dem Anspruch des Buches genügen? Im Rahmen eines beruflichen Coachings entdeckte er allerdings wenig später seine eigene Leidenschaft für das Schreiben und für die Thematik der Introvertiertheit. In diesem Sinne passte wohl nichts besser zu ihm als eine Mitarbeit an diesem Businessjournal, zumal er dessen Grundgedanken selbst lebt: Mit seiner eigenen Tätigkeit als Blogger und Mentor arbeitet er sich schließlich selbst fortwährend aus dem Käfig seiner Introvertiertheit heraus. So eine Geschichte können die anderen Autor*innen des Businessjournals „von introvertiert zu positioniert“ in ähnlicher Form auch erzählen.

Was ist die Kernfrage in „von introvertiert zu positioniert“?

Die Kernfrage des Journals lautet: Sind in der Geschäftswelt tatsächlich nur laute, mithin extrovertierte Menschen erfolgreich? Das Buch behauptet: Nein, keinesfalls, wenn Introvertierte ihre verborgenen Stärken entdecken und nutzen. Hierfür liefert das Businessjournal mit den integrierten Notizbuch eine wichtige Hilfestellung, denn die Leserinnen und Leser können darin ihre eigene Positionierung erarbeiten. Den nötigen Motivationsschub liefert ihnen das Buch gleich mit: Leise Menschen mit ihren einzigartigen Fähigkeiten und Talenten braucht unsere Gesellschaft. Sie wirken zwar manchmal allzu sehr im Verborgenen, was ihre Chancen schmälern kann, angemessen wahrgenommen, gewürdigt und dementsprechend auch bezahlt zu werden.

Doch ohne sie würde vieles schlecht und manches möglicherweise gar nicht funktionieren. Die 12 Autor*innen des Buches zeigen jedoch, dass auch Introvertierte eine Positionierung finden können, in welcher der Glanz ihres Können angemessen erstrahlt. Sie alle haben das geschafft und geben ihre Expertise nun mit konkreten Tipps und Impulsen an das interessierte Publikum weiter. Das Buch lädt auch durch seine Gestaltung zur aktiven Mitarbeit ein, mit der Leser*innen sich ihre eigene Positionierung erarbeiten. Die Seiten sind links beschriftet und mit herunterladbaren Tipps versehen (per QR-Code), rechts lassen freie Zeilen Platz zum Reflektieren. Garniert wird die Publikation immer wieder mit kleinen, inspirierenden Zitaten.

Die Expert*innen der Autorenschaft:

  • Ricarda Colditz (Herausgeberin und Autorin)
  • Christine Abentroth-Jung (Grafikdesign, Typografie)
  • Dr. Tanja Bernsau (Social-Media-Expertin für Introvertierte)
  • Andrea Kainrath-Polster (Coach)
  • Stefanie Höppner (Mentorin für Hochsensible und Introvertierte)
  • Nadine Krischker (Mentorin für Human Marketing)
  • Bernhard Krönner (Autor, Coach)
  • Anke Neuzerling (Autorin, Coach)
  • Dr. Sylvia Löhken (Autorin, Coach)
  • Lena Noa (Mentorin für Potenzialentfaltung)
  • Dr. Lisa Weihrauch (Coach für Business Networking mit speziellen Angeboten für Introvertierte)
  • Reto Sollberger (Kommunikationstrainer)
  • Miriam Gaisser (Mentorin, Bloggerin)

Wie erkennen Menschen, ob sie introvertiert sind?

Einige der interessierten Leserinnen und Leser, die sich nun angesprochen fühlen, haben sich mit der Thematik vielleicht bislang nur wenig oder gar nicht beschäftigt. Im allgemeinen Sprachgebrauch kennen wir alle jedoch die Begrifflichkeiten: Introvertierte Menschen sind demnach in sich gekehrt, extravertierte Menschen nach außen gekehrt. Wie sieht das eigentlich die Persönlichkeitsforschung? Nun, sie betrachtet
Introversion und Extraversion als zwei entgegengesetzte Pole der Persönlichkeit, mit der sie ihre soziale Interaktion gestaltet. Es gibt hierfür verschiedene Forschungsansätze, die alle ein Stufenmodell vorschlagen: Demnach ist kein gesunder Mensch vollkommen intro- oder extravertiert, sondern tendiert auf einer Stufenskala (zum Beispiel von 1 bis 5) eher in die eine oder andere Richtung. Dies geschieht generalisiert, aber auch situativ. Jeder Mensch hat demnach das generelle Potenzial, sich in einer bestimmten Situation nach vorn zu drängen (extravertiert) oder auch vollkommen zurückzunehmen (introvertiert). Allerdings gibt es Menschen, die niemals durch forsches Auftreten oder niemals durch vornehme Zurückhaltung auffallen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie es nicht könnten. Sie tendieren nur extrem selten dazu.

Besonders introvertierte Menschen leiden…

Vieles an der Betrachtung hat auch mit der Selbst- und Fremdwahrnehmung zu tun: Besonders introvertierte Menschen leiden mehr oder weniger unter ihrer Zurückhaltung, weil sie ihnen Chancen verbaut, doch auch Extravertierte wissen tief im Inneren, dass sie manchmal unangenehm auffallen. Im Geschäftsleben scheinen sie allerdings mehr Erfolg zu haben. Dies betrifft die Selbstwahrnehmung. Daher sagen viele Menschen spontan von sich, dass sie intro- oder extravertiert sind. Zudem schreibt ihnen ihre Umgebung diese Eigenschaften zu, weil sie dementsprechend wahrgenommen werden. Doch die Wahrnehmung kann trügen. Wenn sich manchmal Pädagog*innen mit Eltern unterhalten, stellt sich heraus, dass ein Kind in der Schule vorlaut bis rüpelhaft auftritt, während es die Eltern daheim als still und zurückgezogen erleben.

Das sind seltene Fälle, aber es gibt sie. Unter Erwachsenen sind Fälle bekannt, in denen Manager im Geschäft lebhaft, auch laut und bisweilen knallhart auftreten, sich in einer Hobbygruppe hingegen sehr zurücknehmen, einfach weil sie diesen Gegenpol benötigen. Ihre Kollegen würden sie daher als extravertiert, ihre Hobbyfreunde hingegen als introvertiert bezeichnen. Wie ordnet sich nun ein Mensch einem der beiden Pole zu? Ganz einfach: Sie/er entdeckt die eigene Präferenz. Introvertierte fühlen sich in ihrer Zurückhaltung wohl, jedenfalls situativ. Extravertierte fühlen sich wohl, wenn sie dominieren können.

Worauf basiert der Erfolg der Extravertierten?

Dieser Erfolg ist ein in bestimmten Kulturkreisen (westlichen) und Gesellschaftsschichten (Business, Politik, aber auch in sozialen Berufen) sichtbarer und kommunizierter Erfolg. In Wahrheit haben in sehr vielen Berufen und ebenso in anderen Kulturkreisen Menschen vollkommen unabhängig von ihrer Intro- oder Extraversion Erfolg. Einen Ingenieur oder eine Ärztin braucht die Gesellschaft, unabhängig davon, ob die Betreffenden lautstark auf sich aufmerksam machen. Sie verfügen über eine unverzichtbare Expertise. In asiatischen Gesellschaften gilt vornehme Zurückhaltung als Ausweis höchster Kultur, Extravertiertheit ist hingegen verpönt. Wer nun aber in bestimmten, sehr kommunikationsstarken Berufen tätig ist und eher zur Introvertiertheit tendiert, wird dies als Defizit wahrnehmen. Dann wird die eigene Präferenz zum Problem:

  • Introvertierte werden häufiger bei Beförderungen übergangen.
  • Als Selbstständige haben sie Probleme nicht nur mit dem Eigenmarketing, sondern auch mit dem Marketing für ihr Unternehmen, was sich auf die geschäftliche Situtation negativ auswirken und schlimmstenfalls Arbeitsplätze gefährden kann.
  • Im öffentlichen Raum erleben sie häufiger offene und subtile Formen des Mobbings.
  • Gelegentlich wird eine sehr hohe Leistung von ihnen schlicht übersehen. Dies kann auch für die Gesellschaft bedauerlich sein, die diese Leistung benötigt hätte, sie aber nicht wahrnahm.

Können Introvertierte extravertiert werden – und umgekehrt?

Ja, das geht. Den Introvertierten will ja gerade das Journal „von introvertiert zu positioniert“ dabei helfen. Den umgekehrten Weg von der Extra- zur Introversion gehen manchmal Menschen, die mit ihrer Extraversion Schaden angerichtet oder zumindest ihren geschäftlichen Erfolg auf unrühmliche Weise erzielt haben. So mag der langjährige Vertriebschef einer Versicherungsgesellschaft nach seinem 50. Lebensjahr erkennen, dass er nun schon den überwiegenden Teil seines Berufslebens an die Kunden Schrott und blaue Luft verkauft hat. Auch ein Immobilienmakler mag sich für seine Gier schämen, ebenso ein Network-Marketer für seine sinnlosen Produkte, von denen er in langen Meetings sehr extravertiert seine Verkaufsmannschaft überzeugt hatte, eine Politikerin, der Journalist eines Käseblättchens (und des modernen Online-Pendants) etc. pp., die Liste ließe sich bekanntlich fortführen. Diese Fälle sind übrigens häufiger, als man glaubt, nur erfährt die Öffentlichkeit eher wenig davon.

Dies liegt wiederum daran, dass Extravertierte tief in ihrem Inneren extravertiert und damit willentlich dominant bleiben, was ihnen die Fähigkeit verschafft, frühere Sünden geschickt zu kaschieren. Genauso bleiben nun Introvertierte im Inneren wahrscheinlich lebenslänglich eher introvertiert, was die These stützt, dass es sich um eine tief sitzende Veranlagung handelt. Das Gegensteuern ist daher schwer und für den Erfolg auch nicht um jeden Preis nötig. Das Buch „von introvertiert zu positioniert“ zeigt ja gerade, dass es nicht unbedingt darauf ankommt, nun lautstark das eigene Ego in die Welt hinauszuposaunen, sondern vielmehr diejenige Nische zu finden, in der auch Introvertierte erfolgreich sind.

Fazit

 

In diesem Sinne ist das hier vorgestellte Businessjournal „von introvertiert zu positioniert“ wirklich zu empfehlen.

 

Es ist aber auch an der Zeit, sich auf das nächste Buch zu freuen. Ich kann es kaum erwarten, bis es im Januar 2023 erscheint und wir hier auf lesepille.de die Gelegenheit haben, dieses erstaunliche Werk zu rezensieren.

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  1. […] verfügen in ihrem Fach über eine gewaltige und meistens sehr spezielle Expertise, von der andere Menschen derselben oder aus einer verwandten Branche stark profitieren können. Mit dem eigenen Expertenbuch […]

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